Gewinnender Smalltalk

Manchmal könnte man meinen, Kommunikation kommt von komisch. Heute hatte ich den Gedanken jedenfalls mal wieder. Mir ist nämlich eine Begebenheit eingefallen, die ich seinerzeit komisch gefunden habe. Eigentlich war es eine einfache Kommunikationsaufgabe, die mich damals jedoch heftig überforderte...

Heute helfe ich Menschen dabei, genau solche Situationen zu meistern.

Zugetragen hat es sich in meiner Zeit als Journalistenschüler, mit Ende zwanzig. Wir waren 18 Leute im Kurs und so gut wie alle scharf darauf, einen von vier Praktikumsplätzen bei der Wochenzeitung DIE ZEIT zu ergattern. Die Verantwortlichen des Blattes hatten sich ein, tja, komisches Auswahlverfahren ausbedungen, nämlich: ein, zwei Stunden Smalltalk mit den Journalistenschülern. Wer von uns dabei irgendwie auffiel, sollte einen Platz bekommen.

Was habe ich damals innerlich rebelliert: nicht nachprüfbar, Zufallsergebnis, Auswahl nach Aussehen, Sympathie und Schmeichelkunst statt nach Kompetenz – und dergleichen mehr. Es war mir suspekt, dass ich nicht a priori eine Gelegenheit bekommen sollte, mich darzustellen. Es störte mich, solch eine Chance mir erturteln zu sollen. Und ich hatte vor Theo Sommer und den anderen Redaktionsgrößen innerlich einfach zu viel Ehrfurcht, als dass ich mich ihnen mir nichts dir nichts hätte andienen können. So mächtig stand ich mir also im Wege, dass ich – folgerichtig – am Ende leer ausging.

Lange habe ich mich damit getröstet, dass die Redaktion ja wohl schön blöd gewesen sei, ein so viel versprechendes Talent wie mich wegen ihres kruden Auswahlverfahrens zu übersehen. Heute ist mir klar: Ich hatte damals kaum Smalltalk-Kompetenz auf solch einem Parkett. Deshalb habe ich mich innerlich damit herausgeredet, dass ich die Prozedur ablehnte

Es ist jedoch eine Kunst, sich im Gespräch elegant und gewinnend zu präsentieren. Wer sie beherrscht, schmeichelt sich selbst und seinem Gegenüber, denn es gehören dazu Aufmerksamkeit, ehrliches Interesse und genaues Zuhören. Ich nenne das ganz bewusst Schmeichelkunst und finde daran nichts Anrüchiges. Schmeichelkunst hat nichts damit zu tun, jemandem bedingungslos nach dem Mund zu reden, sich selbst über die Maßen anzupreisen und liebedienerisch auf jede eigene, womöglich kontroverse Haltung zu verzichten. Sowas wäre Schleimerei und selbstverständlich anrüchig. Und es wäre ziemlich komische Kommunikation.

Lässig ins neue Jahr talkend grüßt,
Euer Kommunikationsphilosoph

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Kommentare: 3
  • #1

    Barbara Wegmann (Mittwoch, 13 Januar 2016 15:33)

    Lieber Volker,
    Vielen Dank für diese schöne Geschichte. Ja das kenne ich gut mit dem "sinnlosen" Smalltalk. Ja und es ist tatsächlich sinnvoll dem anderen auch mal über diesen Weg Aufmerksamkeit zu schenken. Und schenken macht doch freude.
    Ich freu mich auf deinen Nächsten Beitrag
    Lieben Gruß, Barbara .

  • #2

    Robert Pöhlmann (Dienstag, 19 Januar 2016 14:32)

    Ich hatte so ein Auswahlverfahren mal bei Xerox in Brasilien für eine Stelle in der IT. Mir wurde angekreidet, dass mein geschriebenes Portugiesisch nicht gut genug war. Dass der Rest kein Englisch konnte, davon war nicht die Rede. Ich fand das total ungerecht. Aber nach dem Lesen von deinem Text denke ich, dass das Zwischenmenschliche gefehlt hat. Sich für den anderen Interessieren, ihm Aufmerksamkeit schenken, ergründen, was seine Ziele sind und was er benötigt.
    Nun ja, wahrscheinlich hätte es trotzdem nichts genutzt, da Smalltalk in einer anderen neuen Sprache sehr schwer ist,.
    Viele Grüße
    Robert

  • #3

    Heike Schlichting (Dienstag, 16 Februar 2016 18:04)

    Das ist eine tolle Geschichte Volker - auch ich danke !
    Smalltalk, das ist für mich in erster Linie die Kunst des erfolgreichen ZUHÖRENS.
    Echtes Interesse an meinem Gegenüber ist Voraussetzung. ;o)
    Daher suche ich mir am liebsten meinen Gesprächspartner selbst aus - wo möglich - und achte dabei schon im Vorwege auf Zeichen wie Mimik & Gestik, die mir signalisieren: Dich finde ich sympathisch, mit Dir würde ich mich gern ein wenig unterhalten.
    So weist meine Achtsamkeit und meine Intuition mir meist immer den Weg zu einem erfolgreichen Gespräch für BEIDE Seiten. Und das macht auch noch unvergleichlichen Spaß. :o)