„Wir gehen jetzt ins Kino, kommst Du mit?“ – „Ich bin müde.“ Immer wieder gerate ich im Alltag an solche
Dialoge. Eine hoffnungsvolle Frage und eine weder logisch noch rhetorisch schlüssige Antwort. „Kommst Du mit?“ – darauf gibt es eigentlich nur drei Antworten: ja, nein, vielleicht. Locker über
die Lippen geht uns aber nur das Ja....
Wenn es fällt, dann meistens klar und ausdrücklich: „Au ja, gern.“ Alles Weitere klären die Gesprächspartner danach, etwa: „Was kuckt Ihr denn?“ und „wer ist noch dabei?“.
Das Vielleicht wird dem Fragenden schon zögerlicher hingehalten, gern als bedingtes Ja, selbst wenn es als verkapptes Nein gemeint ist. Ja, wenn ich dies oder das vorher noch schaffe, wenn die Bekannte doch nicht mehr anruft, wenn das Kind bis dahin endlich schläft…
Mit dem klaren Nein ist es aber so eine Sache. Obwohl wir Deutsche weltweit im Ruf stehen, Ablehnung recht unverblümt zu äußern, erlebe ich uns dabei oft entschieden zaghaft. Auch wir vermeiden es möglichst. Wir sprechen es nicht aus, begründen es aber stattdessen. Wir hoffen, dass die Ablehnung so verständlich wird und das Verhältnis zum Fragenden nicht leidet. Heraus kommt dann eben „ich bin müde“ statt „nein, dazu bin ich jetzt einfach zu müde.“ Nein sagen kostet mehr Kraft.
Viel Lärm um nichts? Banal? Hätte ich bis vor ein paar Tagen vielleicht auch gesagt. Dann aber musste ich Teilnehmer eines Netzwerk-Treffens um den Gefallen bitten, die Veranstaltung zu protokollieren. Gleich der erste, den ich fragte, antwortete mit einem gequälten Lächeln „ich sach ma nein.“ Keine Begründung, nur ein Verständnis heischender Blick zur klaren Ansage. – Hm, im ersten Moment war ich doch schon ein klitzekleines bisschen sauer. Nur gut, dass sich gleich ein anderer anbot, die Aufgabe zu übernehmen.
Da hatte ich also am eigenen Leibe deutlich gespürt, welches Frustpotential in einem harmlosen Nein steckt. Der Typ hatte vielleicht einfach keine Lust gehabt, keine Zeit, sich als Neuling überfordert gefühlt oder was auch immer. Nichts davon wäre weltbewegend oder ein Grund, persönlich beleidigt zu sein. Trotzdem war aus diesem Nichts für einen Moment ein ganz ordentlicher Lärm in mir erwachsen. Ich stelle mir vor, dass ich so eine Frustdrohung unbewusst mitsende, wenn ich jemanden um einen Gefallen bitte. Muss ich mich da wundern, wenn die Antwort lautet: „Ist grad bisschen ungünstig…“
Mit einem entspannten Naja grüßt,
Euer Kommunikationsphilosoph
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Petra Göttlicher (Samstag, 19 Dezember 2015 19:21)
Das Nein sagen, eine schwere Kunst, in der ich persönlich erst Anfänger bin -ich gebe es zu. Doch erst einmal die erste Hürde überwunden und einen Auftraggeber ein Nein gegeben (der Nervenzusammenbruch lag ja schon in der Luft), kam doch eine überraschende Reaktion: “Super, danke, dann weiss ich wenigstens, woran ich bin.“ Uii, der esst ja gar nicht böse, sondern dankbar für die ehrliche Absage. Ich kann nur sagen: traut Euch, ein Nein kann Gesunheit erhaltend sein.
Danke, dass Du mich daran erinnert hast.